MTK | Onlinepublikationen | B06 | Sonderforschungsbereich 933: Materiale Textkulturen. Materialität und Präsenz des Geschriebenen in non-typographischen Gesellschaften |
Thomasin-Projekt: Tagung 800 Jahre ›Welscher Gast‹Neue Fragen zu einer alten Verhaltenslehre in Text und BildInterdisziplinäre Tagung
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13.30 |
Ankunft, Registrierung |
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14.00 |
Begrüßung durch Veit Probst (Direktor der Universitätsbibliothek Heidelberg) und Ludger Lieb (Sprecher des Sonderforschungsbereichs 933 ›Materiale Textkulturen‹) |
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14.10 |
Einführung ins Tagungsthema Peter Schmidt, Christian Schneider, Jakub Šimek |
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Moderation: Tobias Bulang (Heidelberg)
14.30 |
Die Entstehung eines Nachschlagewerks Kathryn Starkey (Stanford) |
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15.30 |
Kaffeepause |
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16.00 |
Welscher Gast digital. Methodischer Umriss einer Werkausgabe Jakub Šimek (Heidelberg) |
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17.00 |
Wortbilder statt Bildworte. Cod. Pal. germ. 338 als Sonderfall der Thomasin-Überlieferung Stefan Seeber (Freiburg) |
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18.00 |
Empfang |
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Moderation: Lieselotte E. Saurma (Heidelberg)
9.00 |
Anlässlich des Anfangs und des Endes. Einige Fragen zur Struktur und Überlieferung des Bilderzyklus Peter Schmidt (Heidelberg) |
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10.00 |
Kaffeepause |
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10.30 |
Vom Hintergrund des ›Welschen Gastes‹. Die ›Psychomachie‹ des Prudentius als Referenz mittelalterlicher Allegorese Tino Licht (Heidelberg) |
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11.30 |
Zwischen Adaptation und Abgrenzung. Thomasins ›Welscher Gast‹ und sein Verhältnis zu den altokzitanischen ensenhamens Ronny F. Schulz (Kiel) |
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12.30 |
gemeinsames Mittagessen |
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Moderation: Michael Stolz (Bern)
14.00 |
Diu mitter strâze. Fritz Peter Knapp (Heidelberg) |
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15.00 |
Kaffeepause |
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15.30 |
Ich hân gehôrt unde gelesen, / man sol ungerne müezec wesen. Henrike Manuwald (Freiburg) |
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16.30 |
Naturwissenschaft und Anthropologie. Iolanda Ventura (Orléans) |
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17.30 |
Präsentation der Heidelberger Thomasin-Handschriften |
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Moderation: Katharina Philipowski (Mannheim)
9.00 |
Ut poesis pictura? Christian Schneider (St. Louis) |
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10.00 |
Integumentum revisited. Neue Überlegungen zu einem alten Streitfall Christoph Schanze (Gießen) |
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11.00 |
Kaffeepause |
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11.30 |
Sich selben meistern alle tac. Der ›Welsche Gast‹ im medienintegrativen Deutschunterricht Andrea Sieber (Aachen) |
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12.30 |
Schlussworte |
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13.00 |
Ende der Tagung |
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2015 jährt sich die Entstehung des ›Welschen Gastes‹ von Thomasin von Zerklaere zum 800. Mal. Zu diesem Anlass lädt das Teilprojekt ›Materiale Präsenz des Geschriebenen und ikonographische Rezeptionspraxis in der mittelalterlichen Lehrdichtung. Text-Bild-Edition und Kommentar zum ‚Welschen Gast‘ des Thomasin von Zerklaere‹ des Heidelberger Sonderforschungsbereichs 933 ›Materiale Textkulturen‹ zu einer interdisziplinären Tagung in die Universitätsbibliothek Heidelberg ein. Hier ist mit der ältesten Handschrift Cod. Pal. germ. 389 und drei weiteren Kodizes des ›Welschen Gastes‹ das Werk auch heute noch in besonderer Weise präsent.
Thomasin selbst vergleicht sich in der Versvorrede (V. 105—126, ed. Rückert) mit einem Handwerker, der sein Werk aus Bauteilen zimmert, die von anderen meisterhaft vorgefertigt wurden. Indem wir auf dieses Selbstverständnis des Autors Bezug nehmen, möchten wir zu einer erneuten und vertieften Erforschung der Quellen für Text und Bild im ›Welschen Gast‹ aufrufen. Ausdrücklich möchten wir auf dieser Tagung auch um Impulse und Anregungen für die entstehende Neuausgabe, den geplanten Kommentar und die künftige Erforschung des ›Welschen Gastes‹ bitten. Willkommen sind uns Beiträge zu den folgenden Gegenständen:
Quellen und Vorbilder: Noch zu wenig erforscht ist, auf welche Quellen, aber auch Vorbilder Thomasin für sein Werk zurückgriff und wie er sie verarbeitete. Wünschenswert sind insbesondere Studien zu Vorbildern in der lateinischen Tradition sowie in der Romania und Germania des 12. Jahrhunderts und um 1200. Beim Bildzyklus wäre etwa an frühere didaktische Zyklen wie die Illustrationen zum Psalter oder zu Prudentius' ›Psychomachia‹ zu denken.
Rezeption und Überlieferung: Der ›Welsche Gast‹ wurde bis ins 15. Jahrhundert hinein kopiert und rezipiert. Für uns sind nicht nur bisher übersehene Entwicklungstendenzen innerhalb des Werkes selbst interessant, sondern vor allem auch Spuren der Rezeption des ›Welschen Gastes‹ in der spätmittelalterlichen Literatur und Kunst.
Editionsgeschichte: Interessiert sind wir auch an Beiträgen zur Rezeption des ›Welschen Gastes‹ durch die neuzeitliche Editionsgeschichte des Werkes. Namhafte Germanisten wie Wilhelm Grimm und Karl Frommann hatten sich intensiv mit dem Werk beschäftigt, bevor Heinrich Rückert 1852 auf Basis dieser Vorarbeiten seine Erstedition vorlegte.
Editionspraxis und -strategien: Mehrere Editionsvorhaben der letzten Jahrzehnte konnten die Textausgabe Rückerts bisher nicht ersetzen. Dabei ist nicht zuletzt die intensive Verschränkung von Text und Bild eine besondere editorische Herausforderung, für die wir Lösungen entwickeln möchten. Überlegungen zu Editionsstrategien, die dem spezifischen Charakter des ›Welschen Gastes‹ und seiner Überlieferungsgeschichte sowohl im Buch als auch in digitaler Form medial gerecht werden könnten, sind uns sehr willkommen.
Didaxe und Deixis: Der ›Welsche Gast‹ wurde als Lehrwerk konzipiert. Wenn wir als einen Wesenszug der Lehre das (Auf-)Zeigen, die Deixis, verstehen, könnte die Fragestellung fruchtbar werden, was und wie im ›Welschen Gast‹ lehrend (auf-)gezeigt wird, d.h. welche religiösen, philosophischen, ethischen, kosmologischen, naturwissenschaftlichen und lebenspragmatischen Inhalte mit welchen textuellen und bildlichen Mitteln den Zeitgenossen und den spätmittelalterlichen Rezipienten durch den ›Welschen Gast‹ vermittelt werden konnten und wie sich die Art dieser Vermittlung durch die Neuaneignung des Werkes im Laufe der Überlieferung veränderte.
Der ›Welsche Gast‹ in der Schule: Die Germanistische Mediävistik in Heidelberg bemüht sich in jüngster Zeit durch Kooperationsprojekte mit Schulen um eine Reintegration mediävistischer Inhalte in die Gymnasiallehre. Uns sind Beiträge willkommen, welche den didaktischen Charakter des ›Welschen Gastes‹ auf ihre Tauglichkeit für die ›sekundäre‹ Didaxe hin überprüfen, d.h. auf die potenzielle Eignung für die Vermittlung des mittelalterlichen Welt- und Gesellschaftsbildes im heutigen Deutsch- und Geschichtsunterricht sowie in der universitären Lehre. Der textuell-bildliche mediale Charakter des Werkes dürfte einer solchen Vermittlung dienlich sein.
Im Rahmen der Tagung ist eine Besichtigung der Heidelberger Handschriften des ›Welschen Gastes‹ vorgesehen.